Lernen und Stress

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Das Wunder des Lernens

Lernen ist eine angeborene Fähigkeit und Kinder wissen instinktiv, wie man lernt. Schon als kleines Kind erlernen sie ihre Muttersprache und viele andere Dinge. Sicher haben Sie schon Kinder dabei beobachtet, wie sie gehen oder eine andere komplexe Bewegungsform probieren und lernen. Ihre Frustschwelle ist dabei erstaunlich hoch. Sie versuchen es immer wieder – ganz egal, wie lange es dauert.

Auch als Erwachsene „lernen“ wir täglich – nach neuesten Untersuchung bis zum Tag unseres Todes. Wir eignen uns täglich neue Fähigkeiten an. Unser System passt sich an unsere Lebensumstände in einer Art an, dass wir möglichst energiesparend und effizient „funktionieren“.

Stress im positiven Sinn

Stress im positiven Sinn veranlasst unseren Körper, unseren Geist und unser gesamtes System dazu, sich anzupassen oder zu „lernen“. Im Normalfall stellen alle Systeme nach dem Abklingen des Stresses das Gleichgewicht wieder her und wir können neue Situationen meistern. Wir „lernen“ sozusagen, mit neuen Reizen umzugehen und adäquat darauf zu reagieren. Die einmal als erfolgreich erkannten Reaktionsmuster werden abgespeichert und können immer wieder abgerufen werden. Denken Sie dabei nur ans Radfahren – „das verlernt man nicht mehr“.

Wenn Stress zur Belastung wird

Wenn Stress jedoch zur Gewohnheit wird, hat das weit reichende Folgen – das hat uns Mag. Sabine Seiter im letzten Impuls dargelegt. Wir können dann das Gleichgewicht nicht so einfach wieder herstellen und laufen ständig im „Stressmodus“.

Als PCM©-Trainerin (Process-Communication Model), Kinesiologin und Lehrerin möchte ich heute darauf eingehen, wie wir Stress schon im „Anfangsstadium“ erkennen können.

Stress ist etwas sehr Persönliches. Was für den einen noch eine inspirierende Herausforderung darstellt, kann für einen anderen schon einen hohen Grad an Stress bedeuten. Viele Stressoren wirken auch unbewusst. Daher sind wir uns oft der Ursache unseres Stresses nicht bewusst. Diese kann jedoch mit kinesiologischen Methoden gefunden und gelöst werden.

Wenn Üben nicht hilft

Wie erkennen wir nun, ob unsere Kinder beim Lernen negativen Stress erleben?

Als Eltern oder Lehrer können wir feststellen, dass bei manchen Kindern auch intensives Üben oder „Pauken“ nichts nützt. Eine schlechte Gehirnintegration führt dazu, dass bestimme Situationen gemieden oder mit Angst besetzt werden. Anstatt bewusst und kreativ zu lernen, haben die Kinder dann einfach nur das Bedürfnis, weg zu laufen oder die Situation so schnell wie möglich hinter sich zu bringen – wie zum Beispiel beim „Hudeln“ ….

Die Sprache gibt Hinweise auf entstehenden Stress

Das Process-Communication-Model hat Stress auch im Hinblick auf die Kommunikation untersucht. Dabei stellt sich heraus, dass wir mit unserer Sprache schon sehr früh Hinweise auf entstehenden Stress geben. Je nach Persönlichkeitsstruktur erkennen wir anhand von spezifischen Wörtern und Verhaltensweisen Stress schon im Ansatz. Dabei empfinden die meisten Menschen in dieser Phase den Stress noch in keinster Weise als belastend.

Erst in späteren „Stadien“ des Stresses kommt es dann zu ernster Misskommunikation und in letzter Konsequenz führt das dann zum Abbruch der Kommunikation. Wir reden dann aneinander vorbei, verstehen uns nicht, können unsere Meinungen nicht mehr austauschen, fühlen uns missverstanden und ungeliebt.

Taibi Kahler hat in seinen Studien interessante Regelmäßígkeiten entdeckt. So zum Beispiel kann man an der Persönlichkeitsstruktur eines Menschen voraussagen, ob er mit dem Stressmuster „ich muss perfekt sein“, „ ich muss es allen recht machen“, übermäßigem Kontrollbedürfnis oder einem anderen Muster reagiert.

Ich muss perfekt sein“ äußert sich zum Beispiel in Sätzen, die mit „ich persönlich denke, ….“ beginnen und dann sehr verschachtelt und kompliziert werden. Dies ist Hinweis darauf, dass dieser Mensch gerade in Stress gerät. Was braucht er dann? Holen Sie ihn auf der Ebene des Denkens ab. Geben Sie ihm Anerkennung für Struktur und Leistung. Das kann schon eine Art „erste Hilfe“ sein. In den meisten Fällen kann Kommunikation dann wieder funktionieren.

Stress ist ansteckend

Kahler erkannte auch: wenn ein Mensch sein Stressmuster „aufblitzen“ lässt, werden seine Gesprächspartner und Mitmenschen sofort das ihre aktivieren.

Da wurde ich als Lehrerin hellhörig. Bedeutet das, dass ich mein Stressmuster aktiviere, wenn einer meiner Schüler sein Stressmuster zeigt? Oder umgekehrt: Zeigen meine Schüler ihr Stressmuster, wenn ich in Stress falle? Genau so funktioniert es! Wir „stecken uns an“ und erkennen in den meisten Fällen nicht, was da passiert. Unserer Ansicht nach aus „heiterem Himmel“ stecken wir in unseren persönlichen Mustern fest. Dabei hätte ein aufmerksamer Beobachter schon sehr früh die Botschaften erkennen können.

Nur: im Stress ist das nicht so einfach.

So ähnlich kann es auch zu Hause geschehen: Ihr Kind zeigt ein Stressmuster. Sie reagieren sofort unbewusst darauf und aktivieren Ihr Muster. Vielleicht möchten Sie, dass Ihr Kind sofort die Hausübungen macht? Dann ist es ein schlechter Zeitpunkt, wenn Sie beide gerade Stress erleben.

Oder Sie kommen müde und ausgelaugt von der Arbeit nach Hause. Ein erstes Anzeichen von Stress zeigt sich an Ihrer Körperhaltung und Sprache. Sofort „spiegelt“ Ihr Kind Ihr Stressmuster und lässt seines aufblitzen.

Und nun?

Für mich ergibt sich daraus: nach diesen Erkenntnissen des PCM© ist es für uns als Eltern und Lehrer beinahe eine Verpflichtung, so stressfrei wie möglich zu bleiben. Mit kinesiologischen Übungen (z. B. Brain-Gym oder eine andere Form der integrativen Bewegung) für uns selbst zu sorgen, um damit ein Vorbild für die Kinder und Jugendlichen zu sein. Nur wenn wir uns bewusst sind, dass Stress „ansteckend“ ist, können wir sensibel reagieren und unser Gefühl für das Auftauchen von Stressmustern verfeinern.

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Lernen wir, die ersten Anzeichen von Stress schon in der Wortwahl und Haltung zu erkennen. Dann haben wir die Chance, in vielen Situationen stressfrei zu handeln und zu kommunizieren. Und wir haben ein einfaches Mittel zur Hand, um sofort reagieren zu können. So muss Stress sich nicht erst festsetzen, bevor wir handeln.

Eltern und Lehrer, die auf sich achten können Kinder und Schüler ganz natürlich dazu motivieren, selbst Verantwortung zu übernehmen und mit geeigneten Übungen den Stress im Schulalltag zu reduzieren. Vielleicht ist das ein Schritt zu natürlichem Lernen ohne Stress.

Literatur:

Feuersenger, Elisabeth: Prozesskommunikation. Kahler Verlag. April 2008.

Grüber, Isa: Praxisbuch Kinesiologie. Goldmann. Mai 2007.